Buchkritik/ Rezension "Der Bojenmann", Kester Schlenz / Jan Jepsen,Btb Verlag. Toller Reihenauftakt, einzigartiger Plot, authentische Charaktere und jede Menge HamburgensienBuchkritik/ Rezension "Der Bojenmann", Kester Schlenz / Jan Jepsen,Btb Verlag. Toller Reihenauftakt, einzigartiger Plot, authentische Charaktere und jede Menge Hamburgensien

„Der Bojenmann“ ist der Auftakt einer neuen Krimireihe um den Hamburger LKA-Kommissar Thies Knudsen, seiner toughen Mitarbeiterin Dörte Eichhorn, die Forensikerin „Spusi“ Diercks und als besondere Nebenfigur, Knudsens alter Freund, der pensionierte Kapitän und Lotse a.D., Oke Andersen, der seinen Ruhestand als Bücherwurm und Hobbyphilosoph genießt. Geschrieben ist dieser Hamburg-Krimi mit viel Lokalkolorit von zwei Autoren, die sich gegenseitig optimal ergänzen: Bei einer gemeinsamen Reportage in Norwegen lernte Jan Jepsen, Brigitte- und Stern-Journalist, Kester Schlenz kennen. Aus Kennenlernen wurde Freundschaft, aus Freundschaft jetzt Co-Autorenschaft. In der Stern-Kantine wurde gemeinsam die Idee zum Buch geboren.

Ein Serientäter treibt in Hamburg sein Unwesen. Zunächst tauscht er einen der Hamburger „Bojenmänner“, Kunstwerke auf Alster und Elbe, gegen einen plastinierten Toten aus. So täuschend echt wirkt der präparierte Tote – der ein oder andere mag sich noch an die Figuren der „Körperwelten“-Ausstellungen von Gunter Hagens erinnern – dass er erst entdeckt wird, als ein Paddler auf der Elbe ein Selfie knipsen will. Es folgen weitere Leichen, die so präpariert an exponierten Stellen in Hamburg ausgestellt werden. Die kunstvoll arrangierten Toten sind ein gefundenes Fressen für Medien sowie Social Media-Blogger und halten die Stadt in Atem. Die Zeit drängt, der Druck von Staatsanwalt, Polizeipräsident und Politik nimmt stetig zu. Knudsen und sein Team gehen auf die Jagd nach dem Täter, kommt in akribischen Ermittlungen aber nur langsam voran. Als Knudsens Freund Oke Andersen auf eigene Faust anfängt zu recherchieren, wird es gefährlich für ihn.

Der Fall ist außergewöhnlich, die Idee der präparierten Toten großartig, das Autoren-Duo nimmt den Leser mit auf eine spannende Reise in die Welt der Plastination. Das Verfahren wird nebenbei, aber anschaulich und unterhaltsam geschildert. Knudsen geht den brisanten Fall mit nordischer Gelassenheit an und lockert mit seinem „Gag-Tourette“ auch nervenaufreibende Szenen auf.

Seine Kollegin Dörte Eichhorn ist ebenso nordisch unterkühlt, der heimliche Star des Buches ist aber Oke Andersen, der mit seinem Out oft he box-Denken, seinen Freund Knudsen immer wieder auf wichtige Spuren bringt. Dieses Zusammenspiel und auch das zwischen Knudsen und Kollegin Eichhorn ist sehr authentisch dargestellt, die Charaktere sind dabei sehr gut herausgearbeitet. Die wie aus einem Guss wirkende, intelligente Schreibweise ist spannend und unterhaltsam.

Es wird für jede Menge Hamburger Lokal-Kolorit gesorgt, von Ovelgönne, wo Andersen wohnt, über die touristischen Attraktionen wie die größte Modell-Eisenbahnanlage der Welt thematisiert und die Elbphilharmonie, bis hin zum  ehemaligen Moldau-Hafen, ein Stück Tschechien mitten in Hamburg, der ab 2028 an die Hansestadt zurückfällt und schon jetzt eines der Spekulationsobjekte der großen Immobilienunternehmen ist. Besonders liebevoll wird die Hamburger Seemannsmission mit ihrem Seemannsclub „Duckdalben“ geschildert, der fremden Seeleuten eine Zuflucht und Pause von den oftmals unmenschlichen Bedingungen der globalisierten Frachtseefahrt gibt.

Einzigartiger Plot, authentische Charaktere und jede Menge Hamburgensien, Freunde der nordischen Lebensart werden ihre helle Freude haben. Im Nachwort kündigen die beiden Autoren bereits den zweiten Band an: „Der Schattenmann“ wird er heißen, das Erscheinungsdatum wird leider nicht verraten.

Der Bojenmann

Kester Schlenz / Jan Jepsen

Btb Verlag

Taschenbuch, 320 Seiten, 16 Euro

ISBN: 978-3-442-77088-5

Weitere Informationen unter https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Der-Bojenmann/Kester-Schlenz/btb/e582295.rhd

Von Ingo

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