Rezension / Buchbesprechung „Die F*ck-It-Liste“ von John Niven, Heyne Verlag: Extrem kurzweilig & lustig, gleichzeitig bestürzend &beklemmendRezension / Buchbesprechung „Die F*ck-It-Liste“ von John Niven, Heyne Verlag: Extrem kurzweilig & lustig, gleichzeitig bestürzend &beklemmend

„Die F*ck-It-Liste“ ist politische Satire und Thriller, der neunte Roman aus der Feder von Erfolgsautor John Niven. Der Schotte besticht durch seinen beißenden Humor und detailgenaue Schilderungen, als Journalist hat er Artikel für “FHM”, “Q”, “Word”, “Socialism” und “GolfPunk” und außerdem einige, teils preisgekrönte, Drehbücher und Theaterstücke verfasst.

Mit „Die F*ck-It-Liste“ hat Niven einen kurzweiligen Unterhaltungsroman mit sehr kritischen Untertönen vorgelegt. Darin denkt der Autor die USA der Trumps und ihrer Anhänger nur konsequent weiter, so wie es im absoluten Worst Case sein könnte: Mit einem geschickten politischen Kniff ist es Donald Trump noch während seiner zweiten Amtszeit gelungen, Tochter Ivanka im Weißen Haus zu installieren. Offiziell lenkt sie die Geschicke der USA, doch sein Schatten liegt auch 2026 über dem ganzen Land. Dieser dystopische Blick auf die USA der Zukunft entwickelt mit zwingender Logik die Politik Donald Trumps in aller Konsequenz zu Ende: So wurde das Recht auf Abtreibung ausgehöhlt, die Bewaffnung ist für einen guten Bürger kein Problem und die Mauer zu Mexiko hat die Fremdenfeindlichkeit weiter gesteigert. Wo Amokläufe unter den Tisch gekehrt werden, droht bei Abtreibung der elektrische Stuhl. Während die Pressefreiheit abgeschafft wurde, bekamen Ordnungshüter freie Hand bei der Ausführung ihrer Pflichten: Illegale aufspüren, Minderheiten schikanieren, dafür sorgen, dass nichts in soziale Medien gelangt, was die Realität abbildet. Die USA sind ein Polizeistaat.

Nivens Hauptperson, Frank Brill, Zeitungsredakteur im Ruhestand, ist indirekt Opfer des Trump-Systems geworden und hat Frau und Kinder verloren. Er gehört nicht zum Gros der weißen Bevölkerung, das in den USA im Jahr 2026 Beifall zu rigidesten Maßnahmen klatscht, für Populismus empfänglich ist, bei dem sich latente Fremdenfeindlichkeit zu unverhohlenem Rassismus ausgewachsen und Egoismus jeden Anflug von Idealismus abgelöst hat. Als Brill dann auch noch die Diagnose Krebs im Endstadium bekommt, fasst er den Vorsatz, einen bislang nur ausgedachten Plan, umzusetzen:  Auf seiner „F*ck-It-Liste“ stehen die Namen von fünf Männern, die er zum einen für sein persönliches Unglück und zum anderen für das des gesamten Landes verantwortlich macht. Brill will diese Liste abarbeiten, indem er die Männer darauf tötet. Er macht sich ans Werk und zieht los.

In packender Sprache, die in ihrer Rohheit ein bisschen an Charles Bukowski erinnert, erzählt John Niven die Geschichte eines Mannes, der nichts mehr zu verlieren hat und auf einen persönlichen Rachefeldzug geht. Dabei breitet der Autor in jedem Kapitel immer nur ein Stück der Geschichte von Frank Brill aus, so dass der Leser auf Spannung gehalten wird erst nach und nach die Zusammenhänge in ein großes Ganzes einordnen kann. Das macht Niven großartig, weil er immer wieder Wendungen in die Geschichte einbaut, die fast ein wenig satirisch anmuten und trotz der düsteren Geschichte sogar das ein oder andere Mal zum Schmunzeln verleiten. Die politische Anti-Trump Haltung des Autors kommt dabei klar heraus, die Hintergründe im Buch sind eine starke Vermischung des realen Zustands in den USA und der Fiktion einer Fortführung des Systems Trump, das in eine Diktatur ausartet.

Wenn man dieses Buch liest, erscheint es einem manchmal zu einfach: die Handlung ist schlüssig, es liest sich locker und flüssig, vielleicht zwischendurch sogar etwas plump. Aber Vorsicht, bei John Niven steht Vieles immer zwischen den Zeilen: Dieses Buch ist eine gewaltige Anklage, ein Fingerzeig, er hält der Gesellschaft in den USA den Spiegel vor und ist so ein unglaublich eindringlicher Appell an die Bevölkerung eines Landes, das sich gerne als „Freiestes der Welt“ bezeichnet, aber sich auf einen gefährlichen Weg begeben hat. Dabei schildert Niven die Lebensumstände so drastisch, dass sich dem Leser teilweise die Nackenhaare aufstellen – so realistisch ist das was-wäre-wenn Szenario.

„Die F*ck-It-Liste“ ist extrem kurzweilig und lustig, aber gleichzeitig bestürzend und beklemmend. Vor dem Hintergrund der politischen Situation in den USA eine spannende Dystopie.

DIE F*CK-IT-LISTE

John Niven

Heyne Verlag

Gebunden, 320 Seiten, 22 Euro

Weitere Informationen unter https://www.randomhouse.de/Buch/Die-F*ck-it-Liste/John-Niven/Heyne-Hardcore/e420762.rhd

Von Ingo