Buchkritik / Rezension "Kleiner Atlas der Leuchttürme am Ende der Welt", José Luis González Macías, mare Verlag. Bildschöner Atlas, in dem man versinken und vieles lernen kannBuchkritik / Rezension "Kleiner Atlas der Leuchttürme am Ende der Welt", José Luis González Macías, mare Verlag. Bildschöner Atlas, in dem man versinken und vieles lernen kann

Leuchttürme sind zwar vor allem, aber eben auch nicht nur Seezeichen, sondern sie beflügeln die Fantasie. So auch die des Verfassers José Luis González Macías, der sich selbst als Landratte bezeichnet, aber schon lange für Leuchttürme als Symbole schwärmt. Der Grafiker sollte ein Plattencover entwerfen und wollte dafür Leuchttürmen nutzen. Macías beschäftigte sich intensiv mit den imposanten Türmen sowie ihrer Geschichte und war so fasziniert, dass er unbedingt dieses Buch schreiben wollte, damit auch die Unbekannteren der rot-weißen Riesen nicht in Vergessenheit geraten. So setzte er in diesem bildschönen Atlas 34 Leuchttürmen an den entlegensten Orten ein Denkmal und nimmt den Leser mit auf eine Reise rund um die Welt.

Man merkt sofort, dass der Autor eigentlich Grafiker ist, so schön ist dieser Band gestaltet. Zu Beginn ist eine Weltkarte zu finden, auf der alle beschriebenen Türme markiert sind, eine hervorragende Übersicht für den Leser. Jedem Turm sind vier Seiten gewidmet, auf der ersten wird die Geschichte erzählt. Die gegenüberliegende Seite zeigt eine, meist wunderschöne, Illustration, die stilisiert den jeweiligen Turm und seinen Standort darstellt. Die folgende Doppelseite zeigt den Leuchtturm im Seitenschnitt, darunter sind Fakten wie Inbetriebnahme, Höhe, Leuchtkraft, Position, Kennung oder Umstellung auf automatischen Betrieb, dazu ein paar ergänzende Sätze mit Anekdoten zu finden. Auf der vierten Seite ist abschließend eine Karte mit dem genauen Standort des Turms. Die stimmungsvollen Illustrationen lockern nicht nur auf, sondern machen neugierig auf die Geschichte und die Geschichten hinter dem ausgewählten Leuchtturm. Natürlich geht es dabei des Öfteren um Schiffbruch, manchmal um die schweren Bauarbeiten zur Errichtung, andere Leuchttürme waren mit einem Fluch belegt oder einige Wärter sind spurlos verschwunden.

Macías hat eine bunte Mischung sehr unterhaltsamer Geschichten zusammengestellt: Am Leuchtturm von Lime Rock auf Rhode Island rettete die zwölfjährige Tochter eines Leuchtturmwärters einem kleinen Boot fünf Menschen, die Schiffbruch erlitten hatten. Heute heißt das Gebäude nach der tapferen Heldin Ida Lewis Lighthouse. Der Turm von Robben Island in Südafrika stand auf der Gefängnisinsel, auf der Nelson Mandela interniert war, ein Leuchtturm vor der Küste der USA dient mittlerweile als Grabstätte für Urnen. Für den Leuchtturm im argentinischen Cabo Blanco wurden 110.000 Ziegelsteine verbaut, genau die, die auch für den U-Bahnbau in Buenos Aires verwendet wurden. Der Turm von Stanislow-Adschihol im Schwarzen Meer nahe der Dnjepr-Mündung, ist aus Stahlstreben geflochten wie ein Weidenkorb, mit hunderten Löchern durch die der hier sehr oft starke Wind pfeifen kann. Beim Bau des Turms von Bell Rock bohrten 60 Arbeiter, bei Ebbe auf einem Felsen knietief im Wasser stehend, Löcher für einen Fundamentsockel und hatten nur jeweils zwei Stunden Zeit, um voranzukommen.

Dieser schöne Atlas weiß nicht nur inhaltlich vollends zu überzeugen, sondern ist ein gestalterisches Meisterstück: Der Buchrücken ist in zünftig rot-weißen Leuchtturmstreifen gehalten. Das Cover in Halbleinen schmückt die Typographie eines Leuchtturms. Das Buch ist auf ein Papier gedruckt, welches der Haptik schmeichelt, sich angenehm dick und weich anfühlt sowie ein Lesebändchen. Kein Wunder, dass dieser Band im Ersterscheinungsland Spanien vom Kultusministerium als schönstes Buch des Jahres ausgezeichnet wurde. Denn es ist ein bildschöner Atlas, in dem man versinken und vieles lernen kann.

Kleiner Atlas der Leuchttürme am Ende der Welt

José Luis González Macías

Halbleinenband, mit Lesebändchen, vierfarbig gedruckt

160 Seiten, mit zahlreichen Illustrationen, 36 Euro

ISBN: 978-3-86648-693-5

Weitere Informationen unter:

https://www.mare.de/buecher/kleiner-atlas-der-leuchtturme-am-ende-der-welt-8693

Von Ingo

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