Jens Meier, Geschäftsführer HPA: "Mit dieser Aufgabe sind Entscheidungen mit einer Tragweite von Jahrzehnten verbunden." Jens Meier, Geschäftsführer HPA: "Mit dieser Aufgabe sind Entscheidungen mit einer Tragweite von Jahrzehnten verbunden."

Wenn er über modernste Computertechnik redet und von der Vernetzung von Systemen erzählt,  wird der sonst so ruhig und bedächtig wirkende Chef der Hamburg Port Autority (HPA) schlagartig quicklebendig und sehr engagiert. „smartPORT logistics“ heißt das Projekt, das den Vorsitzenden der Geschäftsführung der HPA so fasziniert, weil es weltweit einzigartig ist und die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens verbessert: gemeinsam mit SAP und der Deutschen Telekom wurde eine IT-Plattform geschaffen und mit Apps kombiniert. So sind mit mobilen Geräten wie einfachen Smartphones oder Tablets Dienstleistungen rund um den Hafen und Verkehrsinformationen einfach und schnell abrufbar. Selbst die Bordsteuerungssysteme von LKWs können eingebunden werden. So erhalten LKW-Fahrer, die Waren zum Hamburger Hafen bringen oder dort abholen wollen, aktuelle, personalisierte Nachrichten zur Verkehrssituation und der optimalen Lieferzeit. Gibt es zum Beispiel einen Stau oder Unfall oder kommt ein Containerschiff später als geplant, werden die LKW entsprechend umgeleitet oder auf einen geeigneten Parkplatz geführt. Nach Aufhebung der Störung werden die Fahrer informiert, wann und über welche Route sie ihr Ziel am besten erreichen können. Gleichzeitig können die Speditionen ihre Transporte in Echtzeit verfolgen, die Kommunikation zwischen Disponent und Fahrer erfolgt ebenfalls via App. Daraus resultieren optimierte Verkehrs- und Logistikabläufe wodurch größere Gütermengen in kürzerer Zeit umgeschlagen und unnütze Irrfahrten oder Wartezeiten vermieden werden können. Jens Meier sieht smartPORT als einen wesentlichen Vorteil, um den Hamburger Hafen weiter in der Weltspitze zu etablieren: „Dabei geht es nicht um Umschlagsmengen von Container und Waren, da liegen asiatische Häfen weit vorn. Aber wir sind von der Verfügbarkeit her optimal aufgestellt, sehr  gut ausgelastet und können so den Wirtschaftsverkehr für unsere Kunden wie Reeder oder Logistiker effizienter und kostengünstiger gestalten. Wenn es um niedrigem Energieverbrauch und IT-Systeme geht, sind wir an der Weltspitze.“

Jens Meier digitalisiert den Hamburger Hafen: IT hat ihn sein Leben lang fasziniert
Jens Meier digitalisiert den Hamburger Hafen: IT hat ihn sein Leben lang fasziniert

Die Möglichkeiten der Informationstechnologie haben den 50-jährigen sein Leben lang fasziniert. Der Hamburger Jung, der in Fischbek im Süden der Hansestadt aufwuchs, war in der Schule in Mathematik und Naturwissenschaften immer einer der Besten und ging nachmittags noch zur Computer AG. Das Talent für Zahlen und Technik führte zum Informatikstudium, als zweites Fach wählte er Betriebswirtschaftslehre; in den Semesterferien jobbte er beim Flugzeugbauer Airbus und programmierte Maschinen. Nach dem Studium begann Meier bei einer Softwareberatung und stieg schnell bis in die Geschäftsleitung auf. Die Firma förderte ihn und schickte ihn an das renommierte Management Zentrum St. Gallen sowie zu verschiedenen Aufenthalten in die USA:   „Von diesen Erfahrungen und dem damals Gelernten profitiere ich noch heute. Mein Netzwerk hat sich erweitert und das konnte ich immer wieder nutzen.“ So kam er über einen dieser Kontakte mit Mitte 30 als Bereichsvorstand zum IT-Unternehmen Systematics, ein anderer vermittelte ihn zum Logistikunternehmen TTS. Als Geschäftsführer bewies er sich dort als Sanierer und strukturierte das Unternehmen mit guten Ideen um. Während dieser beruflichen Station lernte er den damaligen Hamburger Wirtschaftssenator Gunnar Uldall kennen, der die Logistikinitiative Hamburg ins Leben rief – Meier war Mitglied im Gründungskuratorium. Als 2007 der Chefposten der HPA zu vergeben war, rief Uldall Meier an. Die Hamburg Port Authority (HPA) war aus dem Amt Strom- und Hafenbau hervorgegangen. Der Hamburger Senat wollte aber nicht nur eine neue Hülle für die Verwaltung des Hafens, sondern vor allem moderne Führungs- und Verwaltungsmethoden nach privatwirtschaftlichem Vorbild.

Jens Meier, Geschäftsführer HPA: "Mit dieser Aufgabe sind Entscheidungen mit einer Tragweite von Jahrzehnten verbunden."
Jens Meier, Geschäftsführer HPA: “Mit dieser Aufgabe sind Entscheidungen mit einer Tragweite von Jahrzehnten verbunden.”

Dafür schien Jens Meier genau der richtige Mann zu sein und der Umworbene, dessen Großvater als Schiffer die Köhlbrandfähre durch den Hafen gesteuert hatte, musste nicht lange überlegen: „ Ich war begeistert von der Möglichkeit etwas für meine Heimatstadt tun zu können. Mit dieser Aufgabe sind Entscheidungen mit einer Tragweite von Jahrzehnten verbunden. Senator Ulldal hat mir damals gesagt: „Ihre Kinder können Ihren Enkeln noch zeigen, was Sie damals gemacht und geleistet haben.“ Mich hat gereizt, dass man extrem weit im Voraus planen und Trends erahnen muss, um zum Beispiel eine so umfassende Verkehrsinfrastruktur so weiterzuentwickeln, dass sie noch in 30 Jahren den Anforderungen Stand halten kann.“ Das Öffentliche Auswahlverfahren bestand er glänzend und wurde als Vorsitzender der HPA auch Chef des Hamburger Hafens, einer der größten Warendrehscheiben Europas mit mehr als 1.900 Beschäftigten. Die HPA managt alle mit dem Hafengebiet verbundenen Aufgaben wie Planung und Entwicklung, die Instandhaltung der Infrastruktur, die Gewährleistung der erforderlichen Fahrwassertiefen und die Sicherheit der Schifffahrt.

Spatenstich für das dritte Kreuzfahrtterminal in Steinwerder: Fluhafenchef Eggenschwiler, Wirtschaftssenator Horch, Iris Scheel vom Terminalbetreiber und , Jens Meier
Spatenstich für das dritte Kreuzfahrtterminal in Steinwerder: Flughafenchef Eggenschwiler, Wirtschaftssenator Horch, Iris Scheel vom Terminalbetreiber und Jens Meier

Bei seinem Amtsantritt war das Modernisierungsprojekt „HPA 2010“ bereits in vollem Gang, aber Meier konnte noch einige wichtige Nachjustierungen vornehmen. So ist die Projektentwicklung heute aus einer Hand und nicht über verschiedene Stellen im Haus verteilt, Schnittstellen wurden verzahnt und die IT-Prozesse umgestellt. Meiers Vision war die Integration der Systeme, heute ist das IT-System auf den Terminals mit der IT der ankommenden Schiffe, der Hafenbahn und via Smart Port auch mit LKWs verzahnt. Auch das von ihm vorangetriebene Portmonitor-System ist ein Volltreffer: während man früher Baustellen wie Brückenreparaturen oder Fahrrinnenverengungen auf Papier aufnahm und dies später weiterverarbeitete,  gehen die Meldungen jetzt in Echtzeit direkt an die Nautische Zentrale, die dann ohne Zeitverzögerung sofort die notwendigen Maßnahmen einleiten und die betroffenen Schiffe informieren kann.   Auch bei der Modernisierung denkt der begeisterte HSV-Fan, der von den Mitgliedern mit großer Mehrheit in den Aufsichtsrat des Bundesligadinos gewählt wurde, im Januar 2014 Vorsitzender des Gremiums  und nach der Ausgliederung Präsident des e.V. wurde, an die Verzahnung einzelner Bereiche:“ Man muss den Hafen als Ganzes verstehen, nicht als geteiltes Gebilde, das aus Straßen, Wasserwegen und Schienen besteht. Planung und Entwicklung hören nicht im Hafengebiet auf, Hamburg hat seine Stärke vor allem im Hinterlandtransport. Eine solche Bahnanbindung wie mit unserer Hafenbahn gibt es sonst nirgendwo.“ Mehr als 300 Kilometer Schienenwege und 870 Weichen liegen in der Verantwortung der HPA, dazu kommt die direkte Anbindung an die Autobahnen 1 und 7. Die geplante Elbvertiefung hält Meier für notwendig, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können: „Deutschland braucht die Fahrrinnenanpassung, es kommen immer mehr sehr große Schiffe. Im nächsten Jahr werden allein 36 Containertransporter der 18.000 TEU-Klasse in Dienst gestellt. Der Hafen ist ein wesentlicher Teil des Rückgrats der deutschen Exportwirtschaft, die Bruttowertschöpfung lag vor zwei Jahren bei 20,6 Milliarden Euro und das Zollamt Hamburg generiert pro Jahr 7,6 Milliarden Euro für die Bundesrepublik.“

Schneller fertig als geplant: Beim Richtfest für das Terminal Steinwerder mit Senator Horch
Schneller fertig als geplant: Beim Richtfest für das Terminal Steinwerder mit Senator Horch

Ein Faktor, der für den  Wirtschaftsmotor Hafen immer wichtiger wird, ist das Kreuzfahrtgeschäft. Hamburg entwickelt sich zur Ganzjahresdestination und HPA-Chef Meier will weitere Anreize schaffen, um noch mehr Kreuzfahrtschiffe in die Hansestadt zu holen:“ Bei Containerschiffen gehören wir zu den preiswertesten Häfen, aber wir möchten auch das Kreuzfahrtgeschäft weiter ausbauen. Darum sind wir dabei die Tarife für Kreuzfahrtschiffe zu überarbeiten. Bislang hatten wir saisonale Anläufe von April bis Oktober, müssen aber bei einem Ganzjahresgeschäft den Geschäftsbetrieb und das Hafengeld anpassen. Wir wollen darum mit den Reedereien sprechen, um Marktbedürfnisse besser zu beachten.“ Die HPA spielt zukünftig eine stärkere Rolle im Kreuzfahrtgeschäft, sie bekam den Auftrag das dritte Kreuzfahrtterminal in Steinwerder zu planen sowie fertigzustellen und ist auch Betreiber. Dabei musste Meier anfangs erst schauen, wo im Haus er die notwendigen Kompetenzen für das Kreuzfahrtterminal fand, heute ist er stolz, dass dieses Projekt innerhalb von nur zwei Jahren Planungs- und Bauzeit umgesetzt wird: „Wir haben uns weltweit Terminals angeschaut, um ein optimales Design zu finden. In Steinwerder gibt es eine optimale Anbindung mit einer vierspurigen Straße und die Verkehrsinfrastruktur ist mit großen Vorstau- und Versorgungsflächen perfekt.“ Von Seiten der Reedereien gab es wegen der Lage des neuen Terminals am anderen Elbufer viel Kritik, die Wege seien zu lang, Passagiere müssten erst durch unattraktives Industriegebiet und könnten nicht wie in der HafenCity direkt in die Innenstadt gehen. Meier versteht diese Vorbehalte, gibt aber zu bedenken, dass es keine Alternative gab, die ohne hohen finanziellen Mehraufwand zum dritten Kreuzfahrtterminal ausgebaut werden konnte:“ Passagiere möchten natürlich am liebsten direkt am Rathausmarkt aussteigen, aber logistisch gesehen ist das Terminal in Steinwerder nahezu optimal. Wir werden aber auch auf dem Wasser noch zusätzliche Möglichkeiten schaffen und  den Anleger um zusätzliche Fähren erweitern, damit Passagiere und Crew schnell in die City kommen.“ Das Konzept ist auf Turnaround-Schiffe mit der Möglichkeit zum schnellen, reibungslosen Passagierwechsel und optimaler Versorgung und Warenlieferung ausgelegt. Das bislang einzigartige Projekt smartPORT logistics wird auch für Kreuzfahrtschiffe eingesetzt werden, bei Lieferung von Lebensmitteln oder anderen benötigten Waren, beim Busverkehr für Ausflüge oder Shuttles in die City. Und auch Passagiere profitieren davon, wenn sie mit einem normalen Smartphone sofort sehen können, wann sie sich am besten ohne Stau zum Terminal begeben oder abgeholt werden können.

Von Ingo