Buchkritik / Rezension In Her Footsteps, Piers Pickard, Lonely Planet. Inspirierende Lektüre prägender Charaktere, ein sehr gut gemachtes „Wikiwoman“.Buchkritik / Rezension In Her Footsteps, Piers Pickard, Lonely Planet. Inspirierende Lektüre prägender Charaktere, ein sehr gut gemachtes „Wikiwoman“.

Lonely Planet hat mit „In her Footsteps“ einen wunderbaren Bildband kreiert, der herausragende Frauen in den Fokus stellt, die Spuren in der Weltgeschichte hinterlassen haben. Das Buch ist ein alternativer Reiseführer zu den Orten, an denen diese Frauen gelebt oder gewirkt haben. Die Geschichten gehen quer durch die Jahrhunderte, angefangen bei der ägyptischen Pharaonin Hatschepsut und ihrem Totentempel am Westufer des Nil in Theben, die um 1500 v. Christus zwei Jahrzehnte die damalige Weltmacht Ägypten regierte, bis zu  Greta Thunberg und dem schwedischen Parlamentsgebäude in Stockholm, wo die damals 15-Jährige mit einem Schulstreik gegen den Klimawandel protestierte.

Das Buch zeigt mehr als 300 herausragende weibliche Persönlichkeiten aus allen Gesellschaftsschichten weltweit, geschickt kombiniert mit der Präsentation der Orte, die zu den besonderen Wirkungsstätten dieser weiblichen Ikonen wurden. Das ergibt einen interessanten und gelungenen Mix aus der Geschichte jener Frauen und einem Reiseführer. Trotzdem ist dies natürlich nur eine Auswahl all der bekannten oder vergessenen Heldinnen, die mit ihren Vorstellungen, Ideen und Taten die Welt neu formten. Nicht selten mussten sie dafür mit Konventionen brechen, wurden verfolgt oder gar getötet.

Das Buch ist in die Rubriken Aktivistinnen, Künstlerinnen, Pionierinnen und Ikonen unterteilt. Es sind nicht nur weltbekannte Künstlerinnen, Politikerinnen oder Wissenschaftlerinnen, zu denen „In her footsteps“ führt, auch weitgehend unbekannte Aktivistinnen und Abenteuerinnen haben hier Platz gefunden. In kurzen und prägnanten Artikeln werden das Leben und Wirken der Frauen umrissen. Aufgelockert werden die Artikel durch Fotos der jeweiligen Wirkungsstätte, Museen, Geburtshäuser, Landschaftsaufnahmen, handgezeichnete Portraits oder auch bedeutsame Zitate aufgelockert. Die Reise führt in das Haus von Virginia Wolf, ins Atelier der Malerin Frida Kahlo und zu den ersten Tennisplätzen der Williams-Schwestern.  Der Leser erfährt viel Wissenswertes wie die Begebenheit, dass Hillary Clinton als engagierte junge Frau eine juristische Anlaufstelle für Vergewaltigungsopfer ins Leben rief. Man begegnet so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie Lady Di, Mutter Theresa, Nofretete, Anne Frank, Hildegard von Bingen, Sophie Scholl, Josephine Baker, Indira Gandhi, Marie Curie, Björk, Janis Joplin, Jeanne d’Arc, Michelle Obama oder Dolly Parton-  allesamt Frauen, die in ihrem Bereich die Welt ein Stückchen weit verändert haben. Aber auch Personen, die trotz geringer öffentlicher Wahrnehmung bedeutende Spuren hinterlassen haben, werden in dem Buch gewürdigt: Die Suffragetten Sylvia Pankhurst und Elizabeth Cady Stanton Harriet Tubman, die ein geheimes Netzwerk Flucht für Sklaven in den USA, die Underground Railroad, organisierte, oder Mathematikgenie Katherine Johnson, die mit ihren Berechnungen das Gelingen der ersten Mondlandung sicherte.

Zum Abschluss des Buches werden zehn „queere Pionierinnen“ vorgestellt, die aus der traditionellen Geschlechterordnung ausgebrochen sind: Zum Schmunzeln ist die Geschichte von der ersten (damals illegalen) Hochzeit der Spanierinnen Elisa Sanchez Loriga und Marcela Gracia Ibeas, die den trauenden Priester hinters Licht führten, weil Elisa mit kurzen Haaren im Smoking sowie gefälschter Geburtsurkunde auftrat. Wären sie allerdings aufgeflogen, hätte ihnen jahrelanger Gefängnisaufenthalt gedroht. Mutig war auch Christine Jorgensen, die 1951 ihre Operation und Hormontherapie in Kopenhagen publik machte und damit das Thema Transsexualität und die (damals nicht vorhandenen) Rechte der Betroffenen in die Öffentlichkeit brachte.

In der Geschichte wurden Frauen oft vernachlässigt bzw. übergangen. In Her Footsteps würdigt den Einfluss und das Vermächtnis vieler dieser Pionierinnen, die allzu oft völlig zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind. Eine faszinierende und zugleich inspirierende Lektüre prägender Charaktere, ein sehr gut gemachtes „Wikiwoman“.

 

In Her Footsteps

Reisen zu außergewöhnlichen Frauen

Piers Pickard (Hrsg.), Übersetzung durch Dagmar Brenneisen

Hardcover, 288 Seiten, 22,90 Euro

ISBN 978-3829736701

Weitere Informationen unter https://www.lonelyplanet.de/magazin/reportagen/weltweit/in-her-footsteps.html

Von Ingo

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