Reportage einer Seine-Kreuzfahrt mit der Seine Comtesse von nicko cruises von Paris nach Honfleur und zurückReportage einer Seine-Kreuzfahrt mit der Seine Comtesse von nicko cruises von Paris nach Honfleur und zurück

Die beiden Übernachtungen in Paris zum Abschluss der Seine-Kreuzfahrt finden viele Gäste der Seine Comtesse ideal. Die meisten haben die bekannten Sehenswürdigkeiten schon mal besucht und freuen sich jetzt auf Stadtbummel und gemütliche Cafénachmittage. Einige der 135 Passagiere haben die in diesem Jahr begonnene Kooperation von Veranstalter nicko cruises und dem Hamburger Verlag Hoffmann und Campe genutzt, die Frankreich- und Krimi-Liebhabern Entdeckungstouren im Doppelpack für ein noch intensiveres Erlebnis bietet: Urlaub auf einer Flusskreuzfahrt und dabei nicht nur in Landschaft, Geschichte und Natur, sondern auch literarisch in die Kultur unseres Nachbarlands eintauchen.

Der 1781 gegründete Verlag verlegt mit seinem Imprint ATLANTIK das Gesamtwerk des erfolgreichsten Kriminalschriftstellers aller Zeiten: Der belgische Autor Georges Simenon (1903–1989), der in Frankreich lebte, ist nicht nur einer der meistübersetzten Autoren des 20. Jahrhunderts, er reiste auch selbst gerne auf den Kanälen und Flüssen des Landes. Auf den Kabinen der Seine Comtesse sind eigens angefertigte Leseproben ausgelegt, in der Schiffsbibliothek können die Gäste in Simenon-Büchern schmökern und im Shop erwerben. Seinen Kommissar Jules Maigret führen die Ermittlungen immer wieder vom Sitz der Kriminalpolizei am Pariser Quai des Orfèvres gegenüber der Île de la Cité im 1. Arrondissement in andere Regionen Frankreichs.

Quai des Orfèvres

Nicht nur spannende, sondern auch ideale Lektüre, denn die Route der Seine Comtesse führt genau an diese Orte. Die Schauplätze sind zum Greifen nah, wie in Paris Maigrets Hauptquartier, Quai 36, Quai des Orfèvres, gegenüber dem linken Seineufer, das Hotel Majestic, die Viertel Montmartre und St. Germain-des-Prés, die in nahezu jedem Maigret-Krimi vorkommen. Denn der Kommissar fühlt sich in den Pariser Arrondissements am wohlsten, wo er jeden Winkel kennt. Es sind solche Kenntnisse und Bekanntschaften, die ihm vor allem in „Maigret und Pietr der Lette“ den entscheidenden Vorteil verschaffen. Davon profitieren auch die Leser: Obwohl die 28 Kurzgeschichten und 75 Maigret-Romane bereits zwischen 1929 und 1973 erschienen sind, beschreibt Simenon Gebäude, Plätze, Bistros und Bars so präzise, dass man sie auch heute noch erkennen und entdecken kann. In seinem umfangreichen Werk, neben den Maigret-Krimis, 117 weitere Romanen und mehr als 150 Erzählungen, fing Simenon immer die französische Lebensart, die Landschaft und die kulinarische Kultur des Landes ein. Durch Maigret-Lektüre sind Kreuzfahrgäste so nicht nur bestens auf Paris vorbereitet, sondern auch auf Landgänge in der Normandie entlang der Seine: Maigret jagt mehrfach Verbrecher an der Atlantikküste rund um Le Havre, Honfleur oder Ètretat.

Morgendämmerung auf der Seine

Nach der nächtlichen Abfahrt der Seine Comtesse aus Paris ist es früh am nächsten Morgen neblig verwunschen. Vereinzelte Angler sitzen geduldig wartend im Morgenlicht. Sechs Schleusen liegen auf dem Weg von Paris nach Rouen, die Gezeiten wirken bis zur ersten, 1844 eröffneten Schleuse Amfreville. Der Tidenhub ist mit 4,50 bis 7 Meter deutlich spür- und sichtbar. Das Tal der Seine ist lieblich, sehr grün, hügelig und abwechslungsreich. Erste Kreidefelsen am Flussufer erscheinen schon 30 Kilometer vor Rouen und erheben sich bis zu 80 Meter hoch.

Kreidefelsen vor Rouen

In Rouen liegen bei der Ankunft am Nachmittag viele Menschen entspannt auf den Rasen der Parks entlang des linken Ufers mit Blick auf die Kirchtürme der Stadt. Auf der anderen Flussseite sitzt man auf Steinstufen der Kais und winkte der Seine Comtesse zu. Die Hauptstadt der Normandie wurde vor mehr als 2.000 Jahren von den Römern als Rotomagus (lat. „Tauschplatz“) gegründet. Sehr früh wurde die Stadt im 3. Jahrhundert bereits Bistum, im Mittelalter gab es mehr als 100 Kirchen bei rund 25.000 Einwohnern. Die im 12. Jahrhundert errichtete Kathedrale war damals das höchste Gebäude Europas. Das Gotteshaus ist aus dem Kalksandstein der vom Schiff aus gesichteten Kreidefelsen gebaut und glänzt in der Sonne wie ein Leuchtturm zu Ehren Gottes. Eine Besonderheit sind die beiden unterschiedlichen Türme: der linke, der Vierungsturm, ist mit 151 Metern immer noch der höchste Kirchturm Frankreichs.

Kathedrale von Rouen

Aber in Paris glänzte die Kathedrale Notre-Dame seit 1365 mit zwei Türmen. Da wollte man in Rouen nicht hintanstehen, aber das Geld für den teuren Bau fehlte. Dann kam der Klerus auf die Idee, wie ein zweiter Turm finanziert werden könnte: Wer in der 40-tägigen Fastenzeit vor Ostern nicht auf Milch, Butter oder Käse verzichten wollte, musste eine hohe Ablasssteuer zahlen. Da ein Verzicht in einer Region, die Leckereien wie Butter mit Meersalz, Camembert, Livarot, Neufchâtel oder Pont l’Evêque hervorbrachte, für kaum jemand in Frage kam, füllte sich die Kasse schnell und der Neubau hatte seinen Namen weg: er wird Butterturm genannt. Da für Hauptschiff und Türme unterschiedliche Baumaterialien verwendet wurden, entstehen je nach Licht unterschiedliche Effekte bei der Ansicht. Dies faszinierte den Impressionisten Claude Monet so sehr, dass er von der Kathedrale insgesamt 28 Bilder malte.

Der Nationalheldin begegnet man überall

Während des Hundertjährigen Krieges eroberte Heinrich V. von England 1419 die Stadt und unterstellte die Normandie der britischen Krone. Bei den Einheimischen kam diese Ausgliederung erwartungsgemäß nicht sonderlich gut an und löste einen Partisanenkrieg aus, der zum Heldenepos der Jungfrau von Orleans führte, die in Rouen tragisch endete. Eine Hauptrolle spielt dabei der im 14. Jahrhundert errichtete Bischöfliche Palast, in dem der amtierende Erzbischof auch heute noch wohnt, allerdings – im Einklang mit der rapide gesunkenen Bedeutung der Kirche – in einer Zweizimmerwohnung. Der Rest ist ein fünfstöckiges Museum für Jeanne d´Arc, denn in diesem Palast fand der Prozess gegen die französische Heldin statt, die zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt wurde. Am 29. Mai 1431 wurde das Urteil auf dem Marktplatz vollstreckt und die Asche von Jeanne d´Arc in die Seine gestreut, um einem Reliquienkult vorzubeugen. 1449 eroberte Karl VII. Rouen für Frankreich zurück, 1456 wurde das Urteil offiziell annulliert, was der Heldin nicht mehr viel nutzte. Dafür wurde ihre Familie von einem anderen Übel befreit – der Steuer. Auch heute noch ist Jeanne d´Arc in der Stadt allgegenwärtig: am Rand des Marktplatzes steht eine Kirche, deren Dach dem Helm der legendären Freiheitskämpferin nachempfunden ist und Reklameschilder für Hotels, Restaurants und Gaststätten sind mit ihrem Konterfei verziert.

In der Altstadt stehen tausende Fachwerkhäuser

Zahlreiche Bauwerke vermitteln den Eindruck als befände man sich in einem Freilichtmuseum, rund 2000 Fachwerkhäuser sind noch erhalten. Ab Rouen flussabwärts ist die Seine ein breiter Strom, ein Lotse kommt an Bord und weist die Route wegen sich verändernder Sandbänke. Am Ufer dominieren Silos und Förderbänder, Rouen ist der größte Getreidehafen Europas. 3.500 Frachter pro Jahr mit bis zu 10.50 m Tiefgang fahren die 120 km auf der Seine vom Meer bis hierher ins Landesinnere.

Die Seine Comtesse

Jetzt ist genügend Zeit das Schiff ausführlich kennenzulernen: Nach einer kompletten Überholung im Jahr 2019 ist die Seine Comtesse hervorragend ausgestattet: Gleich beim Betreten empfängt der großzügige, helle Lobbybereich mit Schachbrettfußboden, Kronleuchter, Samtsofas mit hohen Rückenlehnen und Sesseln in kühlen Blautönen sowie einer Flügeltreppe. Große Fensterfronten, teils bodentief, sorgen für tageslichtdurchflutete öffentliche Räume und beste Aussicht auf Landschaft und Natur.

Kabine auf dem Oberdeck mit absenkbarem Fenster

Im Panorama-Restaurant sitzen die Gäste an mit weißem Leinen eingedeckten Tischen. Polster und Accessoires sind, angelehnt an die weiteren Schifffarbtöne in Rostrot und Blaugrau gehalten. Alle Passagiere finden während einer Tischzeit Platz und genießen internationale Küche mit vielen lokalen und regionalen Spezialitäten.

Panorama-Restaurant

Im Panorama-Salon am Bug dominieren Grau- und Grüntöne bei Sitzmöbeln, die von Sitzhockern in Beige akzentuiert werden.  Als Hommage an das Fahrtgebiet sticht ein rundes Ornament im Deckenlicht ins Auge, mit gezeichneten, weltberühmten Sehenswürdigkeiten wie Eiffelturm, Notre-Dame oder Sacré-Cœur.

Panorama-Salon

An Bord gilt die 3G-Regel, Testungen für Nicht-Geimpfte, die alle 48 Stunde wiederholt werden müssen, sind durch den speziell ausgebildeten Kreuzfahrt-Direktor kostenlos. Aktuelle Tests sind in Frankreich Voraussetzung, um in Museen, Cafés, Bars, Restaurants und sogar einige Geschäfte zu kommen. Außerdem wird einmal am Tag zu den Essenszeiten am Restaurant Fieber gemessen und die Temperatur in eine Liste eingetragen. Es gilt Maskenpflicht, wann immer man sich auf dem Schiff außerhalb der Kabine bewegt, nur an den Tischen in Lounge und Restaurant oder an der frischen Luft auf dem Sonnendeck kann man sie abnehmen.

Der nächste Halt, Le Havre, wurde im Zweiten Weltkrieg von den Alliierten mehr als 150-mal bombardiert und zu 90 Prozent zerstört. Nach dem Krieg kam Auguste Perret, der „Poet des Betons“ und gestalte 150 Hektar Stadtgebiet mit 12.000 Wohnungen und Geschäften aus seinem Lieblingsbaustoff. Architekturkritiker feiern seine Stahlbeton-Konstruktionen, die UNESCO erklärte es zum Weltkulturerbe, doch das Auge nimmt endlose Reihen und Klötze wahr. Auch ein zweiter Stararchitekt, der Brasilianer Oscar Niemeyer, musste eine Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit verkraften: Niemeyer wollte das von ihm gebaute Theater als „Vulkan“ verstanden wissen, die Einwohner nennen die umgestülpte Betonschüssel aber „Joghurtbecher“. Wie stimmungsvoll Le Havre mit seinem alten Hafen einmal gewesen sein muss, kann man sich dagegen bei Monet anschauen: Sein Gemälde „Impression, Soleil levant“ zeigt den Hafen am frühen Morgen und gilt Kunsthistorikern als Manifest – das erste Gemälde, welches der Stilrichtung Impressionismus ihren Namen gab.

Honfleur

Ein völlig anderes Bild bietet sich den Gästen nach kurzer Busfahrt: das malerische Honfleur mit seinem historischen Hafenbecken, pittoresken Gassen und traditionellen Fachwerkhäuser, die den Ort zu einem der entzückendsten Küstenstädtchen der Normandie machen. Viele kleine Geschäfte bieten Spezialitäten aus dem Schlemmer- und Schlaraffenland Normandie wie Calvados, Cidre, Pommeau, Austern, Hummer, Garnelen oder Muscheln, Epis, Duclair-Enten, Dutzende Käsesorten sowie Tartes, unzählige Karamelsorten und natürlich behauptet man, wie überall in Frankreich, die besten Macarons gebe es nur hier.

 

Der Simenon-Roman „Der Präsident“ spielt fast vollständig in der Küstengegend zwischen Ètretat und Fecamp:  Die 120 km lange Alabasterküste hat ihren Namen von den Felsen aus Kalk und Kreide, die bei Fécamp bis zu 105 Meter über den Meeresspiegel ragen. Unterbrochen wird die Küstenlinie von den Valleuse genannten Taleinschnitten, die oftmals über herrliche, nur über Wasser erreichbare, kleinen Strände verfügen. Die grandiose Naturkulisse war auch häufiges Motiv französischer Maler wie Gustave Courbet, Eugène Delacroix und Claude Monet. Vor allem die Klippen von Étretat, die 75 m hohe Falaises d’Aval südwestlich und die östlich gelegenen Falaises d’Amont mit 84 Metern mit ihren markanten Felsbögen hatten es den Künstlern angetan.

 

Der nächste Halt, Caudec-en-Caux führt zu den beiden Perlen der „Straße der Abteien“, dem Benediktinerkloster Jumièges und der Dominikanerabtei St. Martin de Boscherville aus dem 7. Jahrhundert. Schriftsteller Victor Hugo bezeichnete Jumièges als „schönste Ruine Frankreichs“, das Kloster war bis ins 15. Jahrhundert geistiges Zentrum der Normandie mit 600 Mönchen und mehr als 1.000 Schülern. Die Kirche in Boscherville wurde auf Befehl von Wilhelm, dem Eroberer, gebaut. Vor dem Feldzug zur Eroberung Großbritanniens soll er hier um göttlichen Beistand gebetet haben. Was damals bekanntlich half und Wilhelm nicht nur zum König von England machte, sondern auch dazu führte, dass er seinen vorherigen, wenig schmeichelhaften, Beinamen endlich ablegen konnte: Aus Wilhelm, der Bastard wurde Wilhelm, der Eroberer.

Jumiéges

Vernon, ist trotz seiner hübschen Fachwerkhäuser, nur Durchgangsstation auf dem Weg nach Giverny. Das Dorf ist einstiger Wohnsitz des Impressionisten Claude Monet, von 1883 bis zu seinem Tod 1926 lebte und malte der Künstler hier in einem paradiesischen Idyll.

Monet-Haus, Giverny

In seinen beiden Gärten, dem Blumengarten direkt vor dem Haus und einem japanischen inspirierten Wassergarten, fand Monet Inspiration für Hunderte Gemälde sowie Zeichnungen. Details aus der parkähnlichen Anlage findet man in zahlreichen seiner Gemälde wieder: So diente der angelegte Teich als Vorlage für seine berühmten Seerosenbilder, hier findet man auch die mit Glyzinien bedeckte japanische Brücke und die Trauerweiden. Noch nie zuvor hatte ein Künstler die Natur organisiert, bevor er sie malte. So schuf Monet sein Werk gleich zwei Mal: Zunächst mit den arrangierten Pflanzen in natura, dann mit Farben auf der Leinwand.

Eine weiter verbesserte doppelte Portion Frankreich will nicko cruises zukünftig bieten: Die Kooperation mit Hoffmann und Campe soll weiter ausgebaut werden, bei Gewinnspielen und Social Media-Aktionen winken attraktive Preise. Außerdem kommt im nächsten Jahr Alexander Oetker als Lektor an Bord. Eine Idealbesetzung, denn der RTL-Korrespondent, der seit vielen Jahren im Land lebt, schreibt selber Krimis und hat mit seinem Kommissar Luc Verlain eine eigene Serie geschaffen, die ebenfalls von Hoffmann & Campe verlegt wird. So können Flusskreuzfahrtgäste dann auch durch modernere Krimis, vor und während der Reise, Frankreich noch intensiver erleben.

Preisbeispiel: 8 Tage Paris/Le Havre/Paris ab 899,- Euro p. P. in der 2 Bett-Kabine auf dem Hauptdeck, 32 Termine ab dem 19.3. bis zum 22.10 20022, Ausflugspaket mit vier Ausflügen 159 Euro, Anreise mit dem TGV/ICE 2. Klasse nach Paris inkl. Transfer zum Schiff ab 195 Euro.

Weitere Informationen unter https://www.nicko-cruises.de/fluesse/fluss/seine/

 

Buchtipps: Egal ob auf den Champs-Élysées oder im normannischen Küstenort Fécamp – die Romane Simenons sind hervorragende Reisebegleiter. Besonders für Paris-Fans, wo die meisten Maigrets angesiedelt sind, ist die Lektüre der Krimis zu empfehlen.

Rezension unter https://worldwidewave.de/der-praesident-georges-simenon

Rezension unter https://worldwidewave.de/maigret-und-pietr-der-lette

Von Ingo