Buchkritik / Rezension "Typee", Herman Melville, mare Verlag. Gehört zu den Werken, die man gelesen haben sollte.Buchkritik / Rezension "Typee", Herman Melville, mare Verlag. Gehört zu den Werken, die man gelesen haben sollte.

Typee ist das erste Buch von Herman Melville, dem Autor von „Moby Dick“. Wie die Erzählung von dem weißen Wal beruht auch “Typee“ auf seinen Erlebnissen als Seefahrer, denn Melville (1819-1891) arbeitete als Bankangestellter und Lehrer, bevor er 1841 als Matrose auf dem Walfänger Acushnet anheuerte und drei Jahre zur See fuhr. Seine Erlebnisse verarbeitete er in diesem Buch, eine Reise zu den Inseln Polynesiens wie den Marquesas und Tahiti. „Typee“ ist aber kein reiner Reisebericht, sondern ein Roman, der auf den Erlebnissen des Autors basiert und durch Berichte aus zweiter Hand sowie die Lektüre älterer Berichte von James Cook und anderen berühmten Kapitänen beeinflusst wurde.

Die Bedingungen an Bord der Acushnet waren so katastrophal, dass Melville, als das Schiff eine Inselgruppe des Marquesas-Archipels in der Südsee erreichte, die Gelegenheit nutzte und mit einem Kameraden namens Richard Tobias (Toby) Greene von Bord desertierte. Dass Seeleute in der Südsee desertierten, war keine Ausnahme. Nach Berichten der britischen Admiralität verschwanden pro Jahr rund 2.000 Seemänner, gerade in Polynesien, von ihren Schiffen. Melville und sein Freund verschwanden im Urwald, wo sie von den Eingeborenen aufgegriffen wurden. Während sein Begleiter nach kurzer Zeit fliehen konnte, lebte Melville mehrere Wochen bei den Typees und konnte so viel über ihr Leben, ihre Kultur und ihre Gebräuche in Erfahrung bringen. Ein Wermutstropfen war dabei das Gefühl zwar freundlich behandelt zu werden, aber dennoch Gefangener des Stamms zu sein, denn ihm wurde der Zugang zum Meer und freies Geleit verwehrt. Er bekam einen Aufpasser und wurde ständig von Einheimischen begleitet. Mithilfe eines anderen Ureinwohners gelang es ihm schließlich ebenfalls zu fliehen und mit einem australischen Walfänger die Insel Nuku Hiva zu verlassen.

Was dieses Buch fundamental von den anderen Reise- und Erlebnisberichten anderer Autoren unterscheidet, ist die Melvilles Sicht auf und Ansicht über die Ureinwohner der Marquesas. Seine positive Darstellung der Eingeborenengesellschaft, steht im starken Kontrast zu vorherigen und zeitgenössischen Schilderungen, die von „Wilden“ und „Kannibalen“ sprechen. Melville hebt vor allem die sozialen Aspekte wie Nächstenliebe und Kümmern um Nachbarn und Fremde sowie das gerechte Teilen von Nahrung und Besitz hervor. Eindrucksvoll schilderte er auch die Naturschönheiten der grünen Insel, ihren Pflanzen- und Früchtereichtum im Typeetal (heutiger Name Taipivai) voller sprießender Pflanzen, das im starken Kontrast zur Kargheit der umgebenen, schroffen Felshügel steht.

Dieses Erstlingswerk machte Melville in den USA und England sofort berühmt, doch noch zu Lebzeiten geriet er in Vergessenheit. Heute gilt er als einer der größten amerikanischen Schriftsteller und Moby Dick als eines der bedeutendsten Bücher des US-Kanons. Dem mare-Verlag ist es zu verdanken, dass „Typee“ in der Reihe „mare-Klassiker“ in hervorragender Übersetzung und hochwertiger Ausstattung auch den deutschsprachigen Lesern zur Verfügung steht. Die Verarbeitung mit Leineneinband, Lesebändchen und Schuber ziert darüber hinaus jeden Bücherschrank. Gehört zu den Werken, die man gelesen haben sollte.

Typee

Herman Melville

Mare Verlag

Leineneinband mit Lesebändchen im Schuber, 448 Seiten, 38 Euro

ISBN: ‎ 978-3866486140

Weitere Informationen unter https://www.mare.de/buecher/typee-8614

Von Ingo

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