Buchkritik / Rezension "Bruder Benedikt und die schöne Leich", Christoph Frühwirt, Servus Verlag. Herrlicher Lesespaß mit Wiener LebensartBuchkritik / Rezension "Bruder Benedikt und die schöne Leich", Christoph Frühwirt, Servus Verlag. Herrlicher Lesespaß mit Wiener Lebensart

Bruder Benedikt findet ausgerechnet an Weihnachten vor seiner Kirche im beschaulichen Purbach, einem Kaff im Burgenland kurz hinter Wien, die Leiche des ehemaligen Puff-Besitzers Johann Janitschek vor seiner Kirchentür. Er kennt den „Schönen Jean“ von früher, denn als ehemaliger Gefängnisseelsorger war Bruder Benedikt Beichtvater der Halbseidenen aus dem Rotlichtmilieu im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Wie kein anderer kann er in die tiefschwarzen Seelen seiner Schäfchen blicken und auch nach der Versetzung in die Provinz, kommt so mancher Wiener „Strizzi“, wie die Kleinzuhälter und -kriminellen in Wien genannt werden, noch bei ihm vorbei. Der „Schöne Jean“ war seit einem Monat sein Gast und darum ermittelt Bruder Benedikt selbst, nachdem der Fall der energischen Kommissarin Zimmermann aus Wien zugeteilt wird, mit der ihn aus früheren Zeiten eine herzliche gegenseitige Abneigung verbindet. Bei seinen Ermittlungen stößt der Ordensbruder auf einige Ungereimtheiten und es kommen immermerkwürdigere Dinge im Dorf ans Tageslicht. Schließlich macht sich Benedikt auf nach Wien, um bei alten Bekannten Informationen einzuholen, die ihn schließlich zur Aufklärung des Falls führen.

Das Buch lebt im Wesentlichen von der Hassliebe zwischen Bruder Benedikt und der Kommissarin, da beide ihre eigenen Vorstellungen haben, wie der Fall zu lösen sei. Unweigerlich kommen sie sich so immer wieder in die Quere. Darüber hinaus wird die Enge des Zusammenlebens in dem kleinen Ort und die Scheinheiligkeit der Bewohner äußerst gelungen porträtiert. Die Protagonisten sind sehr detailliert beschrieben und alle Charaktere, gerade unter den Strizzis, toll getroffen. Autor Christoph Frühwirth hat für Theater, Film und Magazine gearbeitet. Frühwirt schrieb die Vorlage für einen der größten österreichischen Publikumserfolge der letzten Jahre, den Film „Blunzenkönig“ über einen grantelnden Fleischermeister aus dem Weinviertel. Sein humorvoller Schreibstil wird durch den Wiener Schmäh noch verstärkt, das Spannungsfeld Kirche und Unterwelt lädt geradezu zu wunderbaren Pointen ein. Ein Glossar mit alphabetisch geordneten Ausdrücken aus dem Wienerischen und dem Burgenländer Dialekt am Ende hilft auch Nordlichtern die schönen Ausdrücke wie Damenspitzerl (Vorstufe zum Alkoholrausch), Pantscherl (Liebesaffäre) oder Schmalz (Gefägnisstrafe) zu verstehen. Ein herrlicher Lesespaß für Fans der Wiener Lebensart und diejenigen, die der Kirche nicht komplett unkritisch gegenüber stehen. Mit viel Lokalkolorit und einem Ordensmann, der weltlichen Genüssen nicht komplett abgeneigt ist. Da freut man sich doch schon auf einen neuen Fall für den Beichtbruder.

Bruder Benedikt und die schöne Leich

Christoph Frühwirt

Servus Verlag

Taschenbuch, 240 Seiten, 16 Euro

ISBN: ‎ 978-3710403026

Weitere Informationen unter https://www.beneventopublishing.com/servus/produkt/bruder-benedikt-und-die-schoene-leich-2/

Von Ingo

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