Rezension / Buchkritik Inside Strafjustiz, Patrick Burow, Verlag ecowing. Wer wissen möchte, was tatsächlich in deutschen Strafprozessen oder in der Justiz geschieht, sollte sich dieses Buch kaufen.Rezension / Buchkritik Inside Strafjustiz, Patrick Burow, Verlag ecowing. Wer wissen möchte, was tatsächlich in deutschen Strafprozessen oder in der Justiz geschieht, sollte sich dieses Buch kaufen.

Patrick Burow ist absoluter Strafjustiz Insider, denn der promovierte Jurist ist seit mehr als 27 Jahren Strafrichter am Amtsgericht Dessau-Roßlau. In diesem erzählenden Sachbuch berichtet er, wie es hinter den Kulissen wirklich abläuft, erzählt vom Alltag eines Richters und gibt viele Einblicke, wie die Arbeit im und außerhalb des Gerichtssaals abläuft. Dabei plaudert er aus dem Nähkästchen: Richter sind praktisch immer befangen. Denn sobald jemand vor Gericht kommt, den sie nicht leiden können, steht für sie der Schuldspruch bereits fest.

Das lässt nichts Gutes ahnen, sollte man tatsächlich einmal unschuldig auf der Anklagebank landen und wirft kein besonders gutes Licht auf das deutsche Rechtssystem. Dies aus der Feder eines Amtsrichters zu lesen, ist ziemlich erschütternd. Richter Burow begründet seine Aussage, denn zum einen steht im deutschen Strafrecht nirgendwo etwas von einer Unschuldsvermutung, zum anderen haben Richter nach seiner Aussage großes Vertrauen in Staatsanwälte, die ja ebenfalls Juristen sind. Daher sind ihre Anklagen für Richter in den meisten Fällen fundiert.  So kommt es vor deutschen Gerichten äußerst selten zu Freisprüchen. Dies alles mag seltsam oder gar alarmierend klingen, auch dass Richter wie Götter alleine entscheiden, was die Wahrheit ist. Aber Burow schreibt über diese ungeschriebenen Gesetze und die Mechanismen im Prozess und genau das macht dieses Buch so interessant und einzigartig. Seine Enthüllungen über die geheimen Regeln eines Strafprozesses sind spannend.

Der Autor hält auch nicht mit Kritik zurück, was die aktuellen Verhältnisse in der deutschen Justiz anbetrifft. Richtern wird beispielsweise für die Bearbeitung eines Falls nur eine bestimmte Zeitdauer zugestanden.  Außerdem wird erwartet, dass sie innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine bestimmte Menge von Verfahren abzuschließen. Dies führt letztendlich dazu, dass Richter lieber zuerst die leichten oder kleinen Fälle bearbeiten, die sich voraussichtlich schnell abschließen lassen. Denn wenn sie zu sehr hinter den Vorgaben hinterherhinken, wirkt sich das karriereschädlich aus. Außerdem sind Richter und Gerichte chronisch überarbeitet, leiden unter Personalmangel, das Geld fehlt und die Digitalisierung ist nur in Spuren vorhanden.

Mit diesem Buch taucht der Leser in den Arbeitsalltags eines Richters ein. Und der ist nicht spektakulär, sondern von viel Arbeit und Routine geprägt. Man bekommt einen Einblick, wie genau ein Gerichtsverfahren abläuft, wen und was es dazu braucht, was im Vorfeld vom Richter alles erledigt werden muss und welches die am häufigsten verhandelten Kriminaltaten sind. Burow zeigt in leicht verständlicher Sprache, welche drei Möglichkeiten man als Angeklagter hat oder wie die Höhe eines Urteils ermittelt wird. Das Wissen ist mit spannenden Fallbeispielen belegt, die mit hellgrauem Hintergrund hervorgehoben sind. Der flüssige Schreibstil, gewürzt mit einer guten Portion Ironie, lässt sich leicht lesen. Und falls Sie selbst einmal in ein Gerichtsverfahren involviert sein sollten, erfahren Sie hier, durch welches Verhalten Sie den Ausgang eventuell positiv beeinflussen können.

Wer wissen möchte, was tatsächlich in deutschen Strafprozessen oder in der Justiz geschieht, sollte sich dieses Buch kaufen.

Inside Strafjustiz

Patrick Burow

Verlag ecowing

Gebunden, 288 Seiten, 24 Euro

ISBN: ‎ 978-3711 003 201

Weitere Informationen unter https://www.beneventopublishing.com/ecowing/produkt/inside-strafjustiz-2/

Von Ingo

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